Kunigunde war ein bildschönes Ritterfräulein. Sie liebte im geheimen einen jungen und tüchtigen
Goldschmied. Kein noch so mächtiger und berühmter Freier konnte diese Liebe zerstören. Als sie
sich schließlich ihrem Vater offenbarte, ward dieser sehr zornig und ließ den jungen Mann in den
dunkelsten Keller werfen. Kunigunde brach es das Herz. Sie hörte nicht auf zu weinen und wurde
sehr krank. Doch des Vaters Herz war hart.
"Höre", sprach er, "wenn der Goldschmied mir einen Becher arbeiten kann, aus dem zwei
Personen zur gleichen Zeit trinken können, soll er frei sein, und du darfst seine Frau werden."
Insgeheim glaubte er, dass dies dem Goldschmied niemals gelingen würde.
Die Liebe gab dem Goldschmied die Ideen, und seine geschickten Hände formten in wenigen
Tagen einen Becher, so reizend, wie ihn noch kein Mensch vorher gesehen hatte.
Auf der Spitze des rockartigen Bechers hatte er seine Geliebte modelliert, ganz edel und schön,
mit erhobenen Händen und einen kleinen, beweglichen Becher tragend, als ob sie ihre Kräfte
nicht überanstrengen sollte. Nichts war leichter, als die gefüllten Becher gleichzeitig zu leeren.
Die Geschichte endete glücklich und beide wurden Mann und Frau. Sie tranken noch oft und
besonders an ihrem Hochzeitstag aus diesem Becher und liebten sich bis an ihr Lebensende.
Der Becher aber wurde für alle kommenden Zeiten Hochzeitsbecher vieler Brautleute. Er blieb
Symbol für Liebe und Treue.